Vögel füttern – auch im naturnahen Biogarten und auch im Sommer?

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Aus gutem Grund werden deshalb Vögel in der freien Natur praktisch überall in der Welt seit langem rund ums Jahr gefüttert: von Neuseeland, Australien über asiatische Länder, Südafrika bis nach Nord- und Südamerika. In Europa füttert man Vögel das ganze Jahr über vor allem in England – und das schon seit fast 50 Jahren und mit großem Erfolg. In Deutschland, wo das Füttern wildlebender Vögel im 19. Jahrhundert ganz wesentlich mitentwickelt und auch wissenschaftlich untersucht wurde, ist es nach der Not des Zweiten Weltkrieges aus finanziellen und auch ideologischen Gründen falscher Propheten unter den Vogelschützern zwischenzeitlich in Misskredit geraten, gewinnt aber nun auch bei uns landauf landab zunehmend an Bedeutung (Berthold & Mohr 2012, 2017).

Die Garage wird überwuchert von eine Kriechrose, das zieht jede Menge Insekten an.

Was wird durch Ganzjahresfütterung erreicht?

Eigentlich könnte man meinen, im winter milden England sei Vögel Füttern – in Mitteleuropa ja einst vor allem als Winterhilfe praktiziert – gar nicht nötig. Aber dort hat man schon vor Jahrzehnten erkannt, dass mit dem year round garden birds feeding vielen der immer mehr gefährdeten Vogelarten geholfen werden kann. Dabei ist die Palette der positiven Effekte geradezu überwältigend. Bei vielen Arten lassen sich nämlich Bestandsrückgänge zumindest lokaler Populationen aufhalten, zum Teil sogar in Wiederanstieg umkehren und selbst Wiederansiedlungen erzielen, z. B. bei Sperlingen, Stieglitz und anderen. Verblüffend sind positive Wirkungen auf die Fortpflanzung – von früherem Brutbeginn und dadurch mehr Ersatz- und Zweitbruten über mehr und hochwertigere Eier, kräftigere Jungvögel, erhöhten Bruterfolg, mit vorteilhaften Auswirkungen bis in nachfolgende Generationen. Zudem wird die Sterblichkeit von Alt- und Jungvögeln reduziert u. a. m.

Naturgarten bei Professor Peter Berthold

Die Hauptursachen für den dramatischen Rückgang der Vogelbestände

Gerade auch bei uns in Deutschland sind die Vogelbestände dramatisch zusammengeschmolzen: Seit 1800 haben wir rund 80 % der einstmals vorkommenden Individuen verloren, 65 % davon in geradezu galoppierender Schwindsucht seit den 1950er/1960er Jahren. Hauptursachen dafür sind Nahrungsmangel und Biotop Verluste, in erster Linie bedingt durch immer intensivere Landwirtschaft für unsere Zwecke, aber auch durch Verkehr, Verunruhigung der Landschaft und Lichtverschmutzung, die stark mitverantwortlich ist für den Rückgang unserer Insekten – um rund 80 % in den letzten 30 Jahren! Vor allem dieser Insekten Schwund macht immer mehr Vögeln das Leben schwer, insbesondere auch die Jungenaufzucht.

Das Wohnhaus von Professor Peter Berthold ist ein riesiges Futterhaus für Vögel.

Eigene Erfahrungen am Wohnhaus und im Garten

All das macht klar: Auch ein noch so naturnah gestalteter Biogarten reicht heute bei weitem nicht mehr aus, um mehr als nur eine Handvoll Kleinvögel wenigstens zeitweise mit Futter zu versorgen. Ganz anders sieht es aus mit einer für die Ganzjahresfütterung eingerichteten Futterstelle und reichhaltigem Angebot an Nistmöglichkeiten, v. a. Nistkästen für Höhlenbrüter. Die Erfahrungen von unserem Wohnbereich: kleines Haus, vollständig eingewachsen, in relativ großem Garten von ca. 500 Quadratmetern, sehr naturnah gestaltet, Ganzjahresfutter Stelle sowie 15 Nistkästen – dort brüten alljährlich mindestens 15 Vogelbrutpaare, heuer 5 Meisenpaare (Kohl-, Blaumeise), je 2 Paare Stare und Feldsperlinge sowie je ein paar Ringel- und Türkentauben, Amseln, Mönchsgrasmücken, Rotkehlchen, Zaunkönige und Sommergoldhähnchen. Dazu kommen weitere Paare von vielen Haus- und Feldsperlingen sowie weitere von Girlitz, Grünling, Goldammer, Buchfink, Zilpzalp, Heckenbraunelle u. a., die alle von der Futterstelle profitieren und nicht zuletzt deshalb in der Nachbarschaft brüten.

Eine ausladende Eselsdistel garantiert durch ihre Samenstände Futter in Hülle und Fülle.

Welches Futter ist geeignet und warum?

Würden unsere Haus- und Schrebergärten durchweg nicht nur naturnah gestaltet, sondern auch mit Ganzjahresfütterungen ausgestattet werden, könnten wir einen Großteil unserer verbliebenen Vogel-Restbestände darin versorgen, erhalten und weitere Rückgänge eindämmen. Dass dafür an Futterstellen auch im Sommer Fett – etwa in Form von Meisenknödeln – ganz besonders wichtig ist, weil es den Treibstoff für die Brustmuskeln für das viele Fliegen bei der Jungenaufzucht bereitstellt – darüber und alle sonstigen Fragen, die sich ums Vögel Füttern stellen, informiert das bereits zitierte Buch „Vögel füttern – aber richtig“, erschienen bei Kosmos.


Vögel füttern, aber richtig: Das ganze Jahr füttern, schützen und sicher bestimmen
Es ist in der 2012 veröffentlichten 3-Auflage sofort erhältlich, ab September 2017 in einer 4. Auflage, die viele neue Kapitel, wissenschaftliche Daten und neueste Literatur enthält.

Unsere Vögel: Warum wir sie brauchen und wie wir sie schützen können
Sowohl dort als auch in dem im Mai 2017 bei den Ullstein-Verlagen erschienenen Buch von Berthold „Unsere Vögel – warum wir sie brauchen und wie wir sie schützen können; jeder Gemeinde ihr Biotop“ erfährt man auch, wie man einen vogelfreundlichen Garten anlegt, größere neue Biotope gestaltet, vom Umwelt- zum Naturschutzbewusstsein gelangt, und was jedermann für den Erhalt von für uns überlebensnotwendiger Artenvielfalt tun kann.

Prof. Dr. Peter Berthold ist Ornithologe und em. Direktor am Max-Planck-Institut, Vogelwarte Radolfzell.

Ich bedanke mich besonders herzlich bei Prof. Dr. Peter Berthold für diese wunderbare Zusammenfassung zum Thema Ganzjahresfütterung von Vögeln.

4 Kommentare

  • Wirklich eine wunderbare Schilderung über das füttern der Vögel, sehr lehrreich. Leider ist über den Sommer nur noch in wenigen Läden Vogelfutter erhältlich, man muss suchen.
    Vielleicht hätten Sie eine Adresse wo man Futter beziehen kann über den Sommer?

    Besten Dank und freundliche Grüsse R.Gloor

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  • Vielen Dank für diesen Beitrag! Sehr interessant, sehr wichtig! Auch die Adressen für Vogelfutter werde ich nutzen. Wir versuchen ebenfalls, in unserem relativ kleinen Garten, vielfältig die Vögel zu füttern. Jetzt ist das Problem aufgetaucht, dass, soweit ich erkennen konnte, sich Spitzmäuse angesiedelt haben. Lange nicht problematisch, doch jetzt haben sie Junge. Alle klettern in den Baum, in dem Futterhäuschen, Meisenknödel und Nistkasten sich befinden. Die große Population frisst das Vogelfutter in Windeseile auf. Ob die Vögel noch dran gehen, weiß ich nicht. Jetzt probiere ich , eine Futterstelle auf einem Metallpfosten einzurichten, an dem die Mäuse nicht hochkommen. Oder haben Sie noch andere Vorschläge, Gedanken dazu?
    Mit freundlichen Grüßen und vielen Dank.

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    • Hallo lieber Hendrik,
      danke für das Feedback auf den Artikel. Einen Metallpfosten halte ich für sehr wirkungsvoll. Ich selbst habe eine andere Aufhängevorrichtung entdeckt. Es gibt diese Art bei der Firma Vivara und ich setze hier mal den Link dazu. Vielleicht kommt das für Sie in Frage? https://www.vivara.de/vogelfuttersysteme/aufhaengesysteme.html
      Viel Erfolg damit und liebe Grüße,
      Astrid

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