Der Anbau von Grünkohl
Inhaltsverzeichnis
Die Familie der Kohlgewächse
Grünkohl gehört zur Familie der Kohlgewächse, zu denen auch Kohlrabi, Radieschen, Brokkoli, Blumenkohl, Rucola, Weißkohl, Rotkohl, Rosenkohl, Wirsing, Herbst-und Mairübe, Rettich, Rübstiel, und Gartenkresse zählen. Alle Gemüse dieser Art dürfen erst nach einer Anbaupause von 3 Jahren auf dasselbe Beet. Wenn es schon zu Problemen mit Kohlkrankheiten wie z.B. Kohlhernie gekommen ist, dann muss sogar eine Pause von 6 Jahren eingehalten werden. Da auch Gelbsenf zu dieser Familie zählt, vermeide bitte in diesem Fall den Gelbsenf als Gründüngung, wenn Du betroffen bist.
Dieses Foto ist 6 Jahre alt und zeigt mich mitten im Spätsommer mit erntereifem Grünkohl. Was ist da los gewesen?
Ich hatte meine Frühkartoffeln an die Wühlmäuse verloren und habe dann kurzerhand schon Anfang Juni Grünkohl gesetzt. Dieser fühlte sich trotz der Sommertemperaturen sehr wohl und so kam es, dass ich Mitte August mit erntereifen Grünkohl gesegnet war. Damals kannte ich die grünen Smoothies noch nicht und war, ehrlich gesagt nicht so begeistert von der Vorstellung, mitten im Spätsommer einen Wintereintopf zu verzehren, es war einfach zu heiß!
Ein Starkzehrer mit großem Appetit
Grünkohl ist ein Starkzehrer, der von Juni bis Juli gesetzt wird. Häufig ist er ein Nachfolger von Frühkartoffeln oder Erbsen, wobei letzteres besonders vorteilhaft ist. Das liegt an dem guten Vorfruchtwert von Leguminosen, die das Beet für den Nachfolger mit Stickstoff anreichern, wenn die Wurzeln im Boden verblieben sind. Die Ernte des ersten Grünkohls beginnt im September, die klassischen Sorten schmecken allerdings viel besser nach dem Frost. Das liegt daran, dass durch die Kälteeinwirkung die Stärke im Grünkohl in Zucker umgewandelt wird. Nach dem Frost sind die Blätter auch weicher und brauchen nicht so lange gegart werden. Die jungen Blätter können auch roh gegessen werden, sie sind ein hervorragendes Superfood.
Die jungen und mittleren Blätter sind am schmackhaftesten und über die unteren Blätter am Hauptstamm freuen sich Schafe, Hühner und Kaninchen.
Es gibt verschiedene Sorten von Grünkohl, auch lilablättrige Spielarten, die besonders in Norddeutschland beliebt sind, dann nennt er sich Braunkohl. Eine weitere Besonderheit ist die ostfriesische Palme, die bis zu 1,80 m hoch wird und deren untere Blätter als Tierfutter verwendet werden, während die oberste Rosette später dem Menschen als Speise dient.
Der Anbau von Grünkohl
Die Aussaat erfolgt 3-4 Wochen vor dem Setzen und kann sowohl eine Direktsaat sein, als auch an einem geschützten Ort erfolgen, z.B. im Frühbeet oder in Schalen. Ich verwende für Aussaaten außer den Aussaatschalen für den Gartenbedarf sehr häufig die durchsichtigen Plastikschalen aus dem Supermarkt, in denen z.B. Möhren verkauft werden. Sie sind recht stabil für ca 15-20 Jungpflanzen und haben eine sehr praktische Größe für alle möglichen Fensterbänke und Regalbretter.
Dieser kleine Setzling ist frisch gepflanzt und hat noch einen langen Weg vor sich, bis er zum prächtigen Wintergemüse heranwächst, daher muss er gut mit Nährstoffen versorgt werden. Gerne steht er in Mulch aus angetrocknetem Gras oder Heu.
Die Sorte Lerchenzungen wird nicht so riesig, ist niedrig und gut standfest und sehr empfehlenswert.
Wenn er gesetzt wird braucht er einen Abstand von 50 x 50 cm, lass Dich nicht täuschen von den vermeintlich großen Lücken, er wird sehr groß.
Grünkohl bevorzugt wie alle großen Kohlarten gemäßigte Lagen, wo es nicht zu heiß wird, ideal sind daher Mittelgebirgslagen. Er braucht eine gute Wasserversorgung und als Starkzehrer ausreichend Bodenfutter. Frischer tierischer Mist ist unbedingt zu vermeiden, das lockt nur tierische Schädlinge an.
Gut geeignet ist eine ausreichende Kompostgabe vor der Pflanzung, später wird noch ein bis zweimal mit den Nährstoffen der Brennnessel gedüngt. Wer noch neu auf diesem Blog ist, dem sei folgendes Kurzvideo über den Nachteil von Brennnesseljauche empfohlen und welche Alternative ich bevorzuge.
Wer mag ihn noch?
Wenn er so versorgt wird, entwickelt sich der Grünkohl prächtig und wäre eigentlich ein ganz unkompliziertes Gemüse. Wenn da nicht noch die vielen tierischen Liebhaber von Grünkohl wären…..
Es gibt jede Menge davon, die Tierwelt weiß was gut ist. Erdflöhe lieben ihn (und auch alle anderen Kohlgewächse), der Kohlweißling hat ein Auge auf ihn geworfen und schwänzelt gerne um ihn herum. Die Kohlmotte, Kohlfliege, Kohleule und Kohlherzdrehermücke sind weitere Feinschmecker aus der Tierwelt, die es auf ihn abgesehen haben. Besonders lästig ist mir persönlich die weiße Fliege, die sich sehr gerne auf der Unterseite seiner gewellten Blätter ansiedelt. Daher noch ein verheißungsvoller, neuer Tipp in diesem Kurzvideo von mir:
Hier noch ein Tipp aus der Praxis, falls Du nichts unternommen hast und sich zur Erntezeit etliche Exemplare der weißen Fliege dort befinden: Die ganzen Rosetten umgedreht in die Badewanne verfrachten und mit heißem Wasser abbrausen. Wem das zu unappetitlich ist, der hat nach meiner Erfahrung auch mit folgendem Tipp Erfolg:
Kulturschutznetze
Richtig Ruhe hat der Gärtner nur durch den Gebrauch von engmaschigen Kulturschutznetzen, die eine Maschenweite von 0,8 x 0,8 mm haben müssen. Diese werden zu Beginn der Pflanzung über die Jungpflanzen gelegt und sehr gut an den Rändern befestigt. Wenn der Grünkohl wächst, werden Stangen an den Rändern gesetzt, auf die du Plastikflaschen stecken kannst, damit die Netze nicht beschädigt werden.
Eine andere Methode, um einigen dieser Tiere den Appetit zu verderben ist das Spritzen mit Tomatenkaltwasserauszug. Dafür werden 2 handvoll Geiztriebe der Tomaten verwendet. Diese werden ein wenig gedreht, gequetscht, geschnitten, egal was dir einfällt, Hauptsache, der Saft kann austreten. Diese so mißhandelten Geiztriebe werden in 2 Liter Wasser gelegt und 2 Stunden stehen gelassen. Danach absieben und unverdünnt an mehreren Tagen hintereinander spritzen. Dies wirkt vor allen Dingen gegen den Kohlweißling und regelmäßig angewendet gegen die weiße Fliege.
Wenngleich die Liste der Mitesser erschreckend lang ist, nehme ich die Herausforderung jedes Jahr sehr gerne an, wer die Ernte hauptsächlich einholt. Für uns ist und bleibt er ein super leckeres Wintergemüse, dass als Eintopf eine Erinnerung an meine Heimat im Ruhrgebiet wachruft. Hier in Unterfranken ist er merkwürdigerweise gar nicht so verbreitet, wie schade!
11 Kommentare
Es ist immer wieder ein Genuss, deine Artikel zu lesen. Ich bin kein Gärtner, vielleicht irgendwann, wenn der Garten vor der Haustür ist. Ich finde es dennoch sehr interessant und ich habe schon einigen Bekannten deine Beiträge und Videos empfohlen.
Herzlichen Dank für deine Arbeit.
Aloha und Namaste
Marco
Hallo Marco,
na, das ist aber eine Überraschung, dass auch Noch-Nicht-Gärtner meine Artikel lesen. Finde ich wunderbar und lass Dich wirklich für die Zukunft inspirieren!
Ich freue mich sehr, dass Du meine Beiträge und Videos weiter leitest, vielen Dank. Je mehr Gärtner erfolgreich biologisch arbeiten, desto besser. Dafür mache ich das hier und schreibe ich von Herzen gerne!
Ganz liebe Grüße,
Astrid
Vielen Dank für den schönen Artikel! Ich habe im vergangenen Jahr zum ersten Mal Grünkohl angebaut – die ostfriesische Palme und das, obwohl ich ganz im Süden in Oberschwaben wohne. Uns hat der Grünkohl so gut geschmeckt, dass ich auch in diesem Jahr die ostfriesische Palme wieder im April vorgezogen und Anfang Juli gepflanzt habe. Anfang Juni habe ich dann noch den Grünkohl Niedriger von Rosenweide (Dreschflegel) vorgezogen und letzte Woche bereits auf freie Plätze gesetzt.
Da ich gerne Kreuzblütler anbaue (Kohlrabi, Blumenkohl, Spitzkohl, Radieschen, Rettiche, Herbstrüben – die ich übrigens sehr empfehlen kann! -, Wirsing, Rosenkohl etc.) habe ich das Problem, dass mir der Platz doch ziemlich knapp wird um die Anbaupause einzuhalten.
Ich freue mich schon sehr auf weitere Artikel von dir! Es macht große Freude, sie zu lesen und deine Bilder anzuschauen!
Herzliche Grüße
Andrea
Hallo liebe Andrea,
vielen Dank für Deine Bestätigung, dass es sich sehr lohnt, Grünkohl anzubauen. Niedriger von Rosenweide ist ja ein wundervoller Name, die Sorte kenne ich noch nicht. Wenn Du mit sEM arbeitest, kannst Du die strengen Anbaurichtlinien von Kohl ruhig lockern. Es reichen dann 2 Jahre Pause aus, wenn es nicht schon zu Kohlhernie gekommen ist.
Danke auch für Dein Kompliment für meine Artikel. Es freut mich sehr, dass Ihr sie alle so gerne lest, wie ich sie schreibe!
Ganz herzliche Grüße
Astrid
Zur Vergrämung von Fressfeinden wie der Kohlfliege baue ich meine Kohlpflanzen in Mischkultur mit Tomaten und Staudensellerie an.
Das ist auch eine gute Möglichkeit, den Platz neben den Tomaten und Staudensellerie von Anfang an zu reservieren. Denkbar ist ja eine Vorkultur mit Spinat oder Salat an der Stelle, wo später der Grünkohl hinkommt. Danke für den Tipp für meine Leser.
Herzliche Grüße
Astrid
Danke für den Tipp mit den Tomatentrieben… probiere ich auf jeden Fall aus!!!
Hallo Yvonne,
schön, dass Du einen Versuch machen möchtest, ich bin auch schon fleißig am ausbringen!
Liebe Astrid,
Durch die Beiträge weiss ich ja, dass du ein großer Fan von Mischkultur bist. Mit was pflanzt du den Grünkohl auf dem Beet? Gegen den Winter werden meine Kulturen immer “kohllastiger”, Rosenkohl, Winterblumenkohl, Grünkohl, Winterkohlrabi… und da ja einiges davon den ganzen Winter über steht, würde es mich freuen, wenn du einen Tipp für eine erfolgreiche Mischkultur hättest.
Ich lese deine Beiträge immer sehr gerne und konnte schon viel von deinem Wissen profitieren, vielen Dank dafür!
Herzliche Grüsse Sibylle
Liebe Sybille,
Momentan steht mein Grünkohl in 2 Doppelreihen. Daneben stehen auf der einen Seite schon fast 3 Wochen die frühen Endivien, die sind schon fast erntereif. Auf die andere Seite möchte ich bald noch Feldsalat und Postelein säen. Wenn die ersten Endivien abgeerntet sind, kommt dahin der Spinat oder auch noch einmal Feldsalat.
Es freut mich sehr, dass Dir meine Artikel noch mehr Erfolg im Biogarten bringen. So soll es sein, zurück zur Natur!
Liebe Grüße,
Astrid
Ich habe jetzt erst (20.9.) Grünkohl-“Babys”…..können die noch etwas werden? Hier bei uns (Taubertal ist es sehr warm und mild (auch im Winter)…..